Nachhaltigkeit aaS
ESG-Berichterstattung: Rechtliche Neuerungen im Bereich von Lieferketten
01. Februar 2024
Die ESG-Regulierungsdichte nimmt zu; nicht nur grosse Unternehmen sind betroffen. Die Sorgfalts- und Transparenzpflichten bei Lieferketten zielen auf Menschenrechte und Umweltthemen ab. EU-Vorgaben stammen etwa aus der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) oder der EU-Entwaldungsverordnung. In der Schweiz regelt das OR die Konfliktmineralien und Kinderarbeit. Der Beitrag ist eine Zusammenfassung eines Webinars vom 30.01.2024 unter Leitung von Dr. Martin Eckert (MME Legal Tax Compliance) und Dr. Bernd Kasemir (Sustainserv).
Die Regulierungen in der Wertschöpfungskette fokussieren auf Menschenrechte, soziale Aspekte und die Umwelt. Die nachfolgende Darstellung gibt Auskunft über die Regulierungen, deren Treiber und Wirkungsumfang. Die EU steht damit erst am Anfang. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) geben einen Ausblick auf das, was noch kommt. Stichworte sind Kreislaufwirtschaft, Arten- oder Gewässerschutz.
Quelle: Eckert & Kasemir 2024
Konfliktmineralien
Die Schweiz regelt die Themen Konfliktmineralien und Kinderarbeit im OR. Konfliktmineralien wie Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold dürfen nicht aus Konflikt- oder Hochrisikogebieten stammen. Von der Gesetzgebung betroffen sind Schweizer Unternehmen, die solche Mineralien importieren oder verarbeiten. Es gibt zwar keine Behörde, die das kontrolliert. Wer die Berichterstattung unterlässt, macht sich strafbar. Es ist Pflicht des Verwaltungsrates, die Dokumentation abzusegnen.
Kinderarbeit
Schweizer Unternehmen müssen ihre vorgelagerte Wertschöpfungskette auf Kinderarbeit prüfen. Betroffen sind Unternehmen mit mind. 500 Vollzeitstellen und mind. CHF 20 Mio. Bilanzsumme oder CHF 40 Mio. Umsatzerlös. Viele betonen, dass sie ohnehin eine Risikoanalyse machen. Das reicht nicht, denn es geht nicht um Risiken des Unternehmens, sondern es geht um die Kinder. Der Verwaltungsrat ist in der Pflicht, dass Prozesse dokumentiert sind: Fehlverhalten ist ein Offizialdelikt; die Zivilgesellschaft kann Strafanzeige einreichen.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)
Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD, Corporate Sustainability Due Diligence Directive) ist noch nicht in Kraft. Betroffen werden Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden und mehr als Euro 150 Mio. Jahresumsatz sein. Auch Unternehmen ausserhalb der EU werden erfasst, sofern sie innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Nettoumsatz von 150 Mio. Euro in der EU erwirtschaftet haben.
In der EU sind ab 2025 Tausende Unternehmen direkt betroffen, in der Schweiz Hunderte. Indirekt sind es aber sehr viele mehr, auch KMU: Die Unternehmen in der EU, die ihre Lieferketten im Griff haben müssen, werden auf Lieferanten zurückgreifen. Was der Bundesrat macht, ist noch nicht bekannt. Ein Nachvollzug ist aber zu erwarten.
EU-Entwaldungsverordnung
Die EU-Entwaldungsverordnung sieht ein Ein- und Ausfuhrverbot von bestimmten Rohstoffen vor. Sorgfaltserklärungen und GEO-Daten müssen vorliegen. Auch KMU werden unter die Bestimmungen fallen. Ihnen bleibt ein halbes Jahr mehr Zeit für die Implementierung. Stichtag für die anderen Unternehmen ist der 29.12.2024. Es wird interessant sein, wie diese ausserordentlich aufwändige Verordnung im Markt umgesetzt wird.
Was bedeuten diese Entwicklungen für Unternehmen?
- Es ist konsequent zu prüfen, ob ich unter die Rechtserlasse falle. Das soll sorgfältig dokumentiert und durch den VR unterzeichnet werden.
- Schrittweise und vollständige Dokumentation der Wertschöpfungskette. Das ist viel Arbeit, für die sinnvollerweise eine Systematik entwickelt wird, um nächste Dokumentationspflichten zu erfüllen, diese werden kommen.
- Compliance-Organisation und Vertragsdokumentation zukunftsfähig aufstellen. Grundsatzerklärungen, die explizit Kinderarbeit erwähnen oder etablierte Beschwerdemechanismen gehören zum neuen Standard.
- Nutzen Sie die gesammelten Informationen für Risikomanagement und -analyse. Gehen Sie Themen lieber fokussiert an, statt dass Sie in der Breite jeden Lieferanten scannen. Sie müssen ihre Sorgfalt nachweisen können.
ESG Chancen statt Risiken
Wenn wir zum Schluss die Risikobetrachtung verlassen und stattdessen die Chancen erkennen, dann passiert das, was passieren sollte. Nachhaltiges Unternehmertum und zukunftsfähige Geschäftsmodelle sind unabdingbar. Der Gesetzgeber zwingt zur Kurskorrektur, weil uns die Zeit davonrennt.
Damit verbunden ist viel Arbeit. Und weil das so ist, soll diese Arbeit weit über die Compliance Spezialist*innen hinaus Wirkung entfalten. In Form eines Mindsets, das sich von der Risiko- hin zur Chancenbetrachtung im Unternehmen entwickelt. Hierbei unterstützen die UTOPIA DESIGNER.